Die Fleischindustrie behandelt im großen Stil Arbeitsmigrant*innen wie Maschinen, die man bei externen Dienstleister*innen anmietet, benutzt und nach Verschleiß austauscht. Weil es legal ist, viel Geld spart und Unternehmer*innen-Verantwortung auf ein Minimum reduziert, hat dieses miese Beschäftigungsmodell Schule gemacht. Die Zustände in der Fleischindustrie wurden von den Regierungen gewollt und geduldet, des Standortes Deutschland wegen. Dieses Zusammenspiel von Regierungen und Konzernen macht das „System Tönnies“ aus. Seine Abschaffung kann nicht durch Sozialpartnerschaft, Appelle und Runde Tische erreicht werden, sondern nur durch Kampf.
Zeitgleich erschien der Sammelband „Das ‚System Tönnies‘ – organisierte Kriminalität und moderne Sklaverei“, in dem verschiedene Akteur*innen aus Gewerkschaften, Landwirtschaft, Tierschutz und Tierrechte, Kirchen, Wissenschaft und Umweltverbänden ihre Erfahrungen mit dem größten deutschen Fleischkonzern schildern. Das Buch traf somit genau den Nerv der Zeit. Seitdem gab es mit dem „Arbeitsschutzkontrollgesetz“ weitreichende arbeitsrechtliche Reformen in der Fleischindustrie. Die Probleme für Tierwohl, Umwelt und Arbeiter*innen sind damit trotzdem nicht gelöst. In einem zweiten Band (August 2022) ziehen verschiedene Autor*innen eine erste Bilanz und gehen auf weitere problematische Aspekte des „System Tönnies“ ein.
Als FAU und den Tierbefreier*innen Jena befassen wir uns mit dem Tönnies-Werk in Weißenfels. Dort steht der größte Schlachthof Ostdeutschlands, der in beiden Büchern auch behandelt wird. In einer Lesung mit der Mitautorin Diana Harnisch vom BUND Weißenfels wollen wir auch in Jena die Aufmerksamkeit auf die Zustände in der Fleischindustrie richten. Wir werden zudem zu den Erfahrungen osteuropäischer Arbeiter*innen in Weißenfels und zur Schwierigkeit gewerkschaftlicher Organisierung berichten. Kommt vorbei!
Datum: 28. Januar 2023, Beginn 17 Uhr
Ort: JG (Johannisstraße 14)
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