Aufruf “Schlachthäuser schließen” – Demo in Weißenfels am 29.10.2022

Wir möchten am 29. Oktober 2022 unseren Protest gegen die Tierindustrie unter dem Motto “Schlachthäuser schließen” auf die Straße bringen und zwar in Weißenfels, wo Tönnies ihren zweitgrößten Schlachthof haben. Kommt dazu um 12 Uhr vor den Hauptbahnhof Weißenfels. Gemeinsam mit ARIWA haben wir eine Demo organsiert, die erst in die Innenstadt und anschließend vor den Schlachthof ziehen wird. Tönnies steht allerdings nur stellvertretend für dieses gewaltvolle System. Nicht nur in Weißenfels, sondern überall auf der Welt müssen alle Schlachthäuser schließen, denn sie erzeugen nicht nur Qual und Tod für nichtmenschliche Tiere, sondern auch die Umwelt, das Klima und die Arbeiter*innen in den Schachthäusern leiden massiv. 

Allein im Jahr 2020 wurden in Deutschland 759 Million Landtiere geschlachtet (1), hinzu kommen noch viele Millionen Wassertiere. Jedes davon ein Individuum mit eigenen Bedürfnissen, Vorlieben, Macken und vor allem einem Wunsch nach einem Leben ohne Leid. Das kennen wir ja von unseren Haustieren. Den Tieren in der Tierindustrie werden alle diese Eigenschaften abgesprochen und sie werden zu bloßen Objekten degradiert. Der Profit von Unternehmen rechtfertigt ein Leben in Gefangenschaft, auf engsten Raum, ohne eine Möglichkeit der Bedürfnisbefriedigung. Nur weil nichtmenschliche Tiere anders sind als wir, rechtfertigt dies in keinster Weise, dass wir sie unserer ethischen Betrachtung entziehen. Gerade als Linke sollten wir uns für schwächere und von Gewalt betroffene Individuen einsetzen, insbesondere wenn sie es nicht selbst tun können. Tierbefreiung darf kein Randthema, sondern muss ein zentraler Bestandteil des Kampfes für eine befreite Gesellschaft sein. Solange die Gewalt an den nichtmenschlichen Tieren fortlebt wird die Gewalt auch in unserer Gesellschaft sein. 

Des Weiteren ist die Tierindustrie auch aus ökologischer Sicht ein Desaster. Für Futtermittelimporte sowie für Weideflächen werden große Flächen Regenwald gerodet, worunter insbesondere die lokale Bevölkerung und die Artenvielfalt leidet, aber auch das globale Klima. Laut der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) ist Tierhaltung für 14,5% der global vom Menschen verursachen CO2-Emissionen verantwortlich. Hinzu kommen die Verseuchung von Böden und Wasser, die Verbreitung von Krankheitserregern und viele weitere Folgen, welche hier nicht alle aufgezählt werden können (2). 

Das reine Profitstreben dieser Industrie zeigt sich auch an den Arbeitsbedingungen in den Betrieben. Fast 80% der Beschäftigten kommen aus Ost- oder Südosteuropa und verrichten zu sehr niedrigen Löhnen unter extrem schlechten Bedingungen Schwerstarbeit mit 12-Stunden-Schichten an 6 Tagen die Woche. Untergebracht werden sie meist in Massenunterkünften, für die sie völlig überhöhte Mieten zahlen. Besonders drastisch zeigte sich dies zu Beginn der Corona-Pandemie, als sich viele Schlachthöfe zu Corona-Hotspots entwickelten (3). Wir möchten allerdings nicht, dass lediglich die Arbeitsbedingungen verbessert werden, sondern wir möchten, dass den Arbeiter*innen menschenwürdige Arbeitsplätze außerhalb von Schlachthäusern zu verfügung gestellt werden. Diese Gewalt die dort täglich passiert hinterlässt auch bei den Arbeiter*innen spuren und niemensch soll aus finanzieller Not heraus fühlenden Lebewesen im Akkord einen Bolzenschuss setzen müssen. Für uns gibt es keine “guten” Schlachthäuser, sondern sie gehören gänzlich abgeschafft.

Viele der genannten Probleme lassen sich auf den Kapitalismus zurückführen, weswegen es für uns nicht ausreicht, nur für die Schließung aller Schlachthäuser zu demonstrieren. Wir halten einen grundlegenden Systemwandel für notwendig, denn das jetzige Mensch-Tier-Natur-Verhältnis ist tief in den Kapitalismus eingeschrieben. Nichtmenschliche Tiere und Natur müssen zur Ware gemacht werden um daraus Profit zu generieren und würde diese Grundlage entzogen werden, bräche das System zusammen. Unser angestrebtes Mensch-Tier-Naturverhältnis widerspricht somit grundlegend der kapitalistischen Funktionsweise. Reformansätze sind aussichtslos und auch reine Konsument*innenorientierte Ansätze, die uns Kontrolle vorgaukeln führen nicht zum Ziel. 

In den bereits beschriebenen Auswirkungen der Tierindustrie zeigt sich, dass hier verschiedene Kämpfe zusammenführen und dies müssen wir nutzen, um eine gemeinsame Schlagkraft zu entwickeln. In diesem Kampf für eine befreite, emanzipatorische Gesellschaft ist folglich kein Platz für rechtes, verschwörungsideologisches und anderes menschenverachtendes Gedankengut. Menschen die dieses Vertreten sind daher auf unserer Demo nicht willkommen! One struggle, one fight – human freedom, animal rights!

Wir sehen uns in Weißenfels!

 

Solidarische Grüße,

die tierbefreier*innen Jena

 

Quellen:

(1) https://albert-schweitzer-stiftung.de/aktuell/schlachtzahlen-2020

(2) https://teardowntoennies.noblogs.org/post/2021/08/31/umweltzerstorung-und-klimawandel/

(3) https://teardowntoennies.noblogs.org/post/2021/08/30/arbeitsbedingungen/

Website ARIWA/Schlachthäuser schließen:

https://www.ariwa.org/schliessung-aller-schlachthaeuser/

 

 

 

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Vortrag: Veganismus zwischen Macht, Machtmissbrauch und Ohnmacht

Wann: Mittwoch der 19.10.2022 um 18 Uhr

Wo: Infoladen Jena

Dieser Vortrag möchte euch näher bringen was der Veganismus mit Kapitalismus, Gesellschaftskritik und Intersektionalismus zu tun hat. Ein weiterer Themenschwerpunkt behandelt die Domestizierung von Tieren als sogenannte Haustiere, Sportmittel und den Einsatz durch exekutive Staatsorgane. Zudem kommt zur Sprache, was Rechte Strukturen mit Tierrechten verbindet und warum wir sie immer mehr in diesen Bereichen finden. In dem letzten Block des Vortrages geht es um die Vorstellung der Ortsgruppe der Tierbefreier*innen Jena und deren geplante Aktionen wie
eine Demonstration gegen Tönnis. Diesbezüglich soll ein kurzer Einblick in den Diskurs zu Repressionen gegen Tierrechtsaktivist*innen gegeben werden. Abschließend wird es die Möglichkeit für eine Diskussionsrunde geben.

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Soli-Erklärung mit den Betroffenen der Thüringer Outcalls

*** Triggerwarnung: Das Statement thematisiert Fälle sexueller/sexualisierter Gewalt ***

In den letzten Jahren hat es in der Thüringer linken Szene mehrere Outcalls gegeben, welche Fälle sexueller/sexualisierter Gewalt beschreiben (1). Auch wir möchten uns noch dazu äußern und den Betroffenen unsere bedingungslose Solidarität aussprechen. Wir bewundern euren Mut dies öffentlich zu machen, trotz der leider erwartbaren vielen negativen Reaktionen. In der Unfähigkeit der Szene mit diesen Outcalls umzugehen hat sich gezeigt, dass wir ein sehr großes Problem haben, welches ihr uns aufgezeigt habt. Dies muss sehr viel Schmerzen verursacht haben, doch es war nicht umsonst! Wir sehen in der Szene einen deutlich veränderten Diskurs zu diesem Thema und immer mehr Menschen setzen sich damit auseinander. Hoffentlich haben Betroffene es somit in Zukunft leichter Übergriffe öffentlich zu machen und Tätern ihren Raum zu nehmen. Das haben wir euch zu verdanken! 

Auch in unserer Gruppe hat dies viele Prozesse angestoßen. Seit unserer Gründung vor ca. einem dreiviertel Jahr haben wir uns von Beginn an mit dem Thema sexuelle/sexualisierte Gewalt auseinandergesetzt. Da wir nicht davon ausgehen können, dass solche Fälle nicht auch unsere Gruppe betreffen, haben wir eine Ansprechgruppe eingerichtet, an die sich Betroffene wenden können wenn es im Zusammenhang mit unserer Gruppe zu Fällen sexueller/sexualisierter Gewalt kam. Da Betroffene häufig mit sehr viel Unwissenheit und Unfähigkeit konfrontiert werden, wenn sie von Übergriffen berichten, möchten wir den dadurch entstehenden Schmerz verhindern, indem sich an unsere Ansprechgruppe gewendet werden kann. Diese besteht aus zwei Personen (einer FLINTA*-Person und einem Cis-Mann), welche sich mit der Thematik auskennen sowie diskret und parteilich mit Betroffenen agieren. Gemeinsam mit der Ansprechgruppe kann dann ein weiteres Vorgehen besprochen werden. Die Ansprechgruppe erreicht ihr unter der Mail ansprechgruppe-tbj@systemli.org. Falls ihr verschlüsselte Kommunikation bevorzugt findet ihr den PGP-Key auf unserer Website unter Kontakt oder im Anhang. 

Damit die Verantwortung der Auseinandersetzung mit dem Thema allerdings nicht an der Ansprechgruppe hängen bleibt, versuchen wir auch uns in der Gruppe selbst-reflexiv mit Männlichkeit auseinanderzusetzen und wir haben ein Konzept zum Umgang mit sexueller/sexualisierter Gewalt in der Gruppe ausgearbeitet. 

Eine Zusammenarbeit mit den Tätern und Täterschützer*innen schließen wir aus und auch zu unseren Veranstaltungen haben sie keinen Zutritt. Solle eine Zusammenarbeit unwissentlich stattfinden weist uns gerne darauf hin. 

Als Ortsgruppe der tierbefreier*innen streben wir nicht nur die Befreiung von nichtmenschlichen Tieren an, sondern die Überwindung aller Herrschaftsformen und Gewaltverhätnisse, welche zum Teil tief in uns eingeschrieben sind. Somit ist für uns klar, dass wir uns dem Thema sexuelle/sexualiserte Gewalt widmen müssen und wir hoffen mit den beschrieben Maßnahmen einen Beitrag leisten zu können.

 

Solidarische Grüße,

die tierbefreier*innen Jena

 

(1) https://dasschlechtegewissen.noblogs.org/chronik/

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Vortrag: Veganismus für Anfänger*innen und Fortgeschrittene

Dieser Vortrag findet im Rahmen der “Alternativen Orientierungstage” (ALOTA) statt.

Ort: Seminarraum 308, Carl-Zeiss-Straße 3 
Zeit: 14 bis 16 Uhr

Im ersten Vortrag soll, nach einem geschichtlichen Abriss zum Veganismus, thematisiert werden, wie Gesellschaft die Tiere sieht. Danach soll es darum gehen, was diese Art des Lebens, auf verschiedenen Ebenen mit Ethik und politischen Lebensentwürfen zu tun hat. Ebenso sollen die Zusammenhänge mit der Umwelt, Biodiversität und anderen ökologischen Aspekten beleuchtet werden. Abschließend wollen wir gern mit euch ins Gespräch kommen.

Es wird einen weiteren darauf aufbauenden Vortrag geben, den wir auf unserer Website ankündigen werden.

Weitere Vorträge im Rahmen der ALOTA findet ihr auf der Website https://alota-jena.org

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Vortrag: Versammlungsrecht für Demonstrierende und Anmelder*innen

Die Grenzen des Versammlungsrechts meinen viele von uns zu kennen: Wir melden vorher an, vermummen uns auf Demos nicht, tragen keine Stahlkappenstiefel und nutzen nur so viel Straße, wie die Polizei uns zuweist. Wieviel Versammlungsfreiheit uns ohne rechtliche Grundlage von der Polizei genommen wird, bleibt dabei oft im Verborgenen. Auch der Vorrang unserer Versammlungsfreiheit gegenüber einfachen Polizeirechts ist vielen Menschen unbekannt. In einem Vortrag soll auf verschiedene Aspekte des Versammlungsrechts eingegangen werden. Wie können wir eine selbstbewusstere Demonstrationspraxis entwickeln und unsere Rechte gegenüber der Polizei durchsetzen?
Da wir von den tierbefreier*innen Jena gemeinsam mit ARIWA für den 29.10 eine Großdemo in Weißenfels gegen den dortigen Schlachthof organisieren sind dies relevante Fragestellungen für uns. Deswegen haben wir einen Genossen der FAU Halle eingeladen haben, welcher einen Vortrag über das Thema halten wird. Dieses Wissen möchten wir gerne mit anderen Teilen, weswegen der Vortrag öffentlich stattfinden soll. Kommt dazu gerne am 08. September um 18 Uhr in den Infoladen Jena.

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Weißenfels für die Schließung aller Schlachthäuser – Demo am 29.10.2022

Gemeinsam mit ARWIA organisieren wir im Rahmen der Demoreihe “Für die Schließung aller Schlachthäuser” eine Demo in Weißenfels.

Tönnies als der größte Fleischkonzern in Deutschland tötet täglich tausende fühlende, intelligente
Lebewesen und erzeugt somit unnötiges Leid. Wir wollen in Weißenfels ein Zeichen gegen diese Grausamkeit setzen und dafür einstehen, dass dieses für Tier, Mensch und Natur ausbeuterische System ein Ende haben muss.

Kommt vorbei und seid laut mit uns!

Ab 12 Uhr geht es am Bahnhof Weißenfels los.

Lasst uns zeigen, dass unser Mitgefühl stärker ist als ihre Profitgier!

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Veranstaltung: The End of Meat – CineVenture – 22.03.22

Wir möchten euch herzlich dazu einladen, am nächsten Dienstag, dem 22.03.2022 den Film “The End of Meat” gemeinsam mit uns zu schauen. Dies ist ein Dokumentarfilm, welcher die Auswirkungen von Fleischkonsum auf Tiere, die Umwelt und uns selbst thematisiert und die Vision einer Zukunft entwirft, in der Fleischkonsum der Vergangenheit angehört. Zusammen mit dem Kulturschlachthof zeigen wir den Film online über das CineVenture. Einlass ist ab 19:30 und der Film wird um 20 Uhr beginnen. Zudem wird es im Anschluss an den Film eine Diskussion geben, an welcher auch der Regisseur Marc Pierschel und der Maler Hartmut Kiewert teilnehmen werden. Die Teilnahme ist kostenlos und bedarf keiner Anmeldung.

Mehr Informationen zur Veranstaltung und zum Film findet ihr hier: https://kulturschlachthof-jena.de/de/veranstaltungen/galerie/cineventure/

Ein Trailer zum Film: https://www.youtube.com/watch?v=ir6-GgAXuSM

Wir freuen uns auf euch!

 

Die Veranstaltung wird gesponsort von VegFund:

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Befreiung hört nicht beim Menschen auf!

Wir möchten den Aufruf “Befreiung hört nicht beim Menschen auf!” unterstützen. Dieser wurde hier veröffentlicht: https://befreiung-hoert-nicht-beim-menschen-auf.org/

Als Linke hinterfragen wir den Status quo: Wir bekämpfen strukturelle Ausbeutung und Gewalt, reflektieren Selbstverständlichkeiten und untergraben starre Traditionen. Auf Dauer ist keine Norm vor uns sicher. Wir analysieren und kritisieren Formen der Unterwerfung, Marginalisierung und Ausgrenzung. Diese Grundsätze verbinden uns über unsere vielen Strömungen und Ansätze hinweg. Bei all unseren Unterschieden wollen wir solidarisch miteinander sein. Das heißt unter anderem, die Forderungen und Anliegen anderer Gerechtigkeitsbewegungen mitzudenken und zu unterstützen – oder die Kämpfe direkt zu verbinden. Die Idee, die Verdammten dieser Erde trotz all unserer Unterschiede zu vereinen, trägt emanzipatorische Projekte seit eh und je. Dass wir einander fremd sind, ist für uns kein Grund, nicht zusammen zu kämpfen. Wir nähern uns an, streiten uns auch; doch wo immer es gelingt, machen wir Politik auf Grundlage unserer Gemeinsamkeiten.

Nun gibt es von jeher auch Linke, die Solidarität mit jenen üben, mit denen sie sich nicht gemeinsam organisieren und keine politische Debatte führen können. Mit den ganz Anderen. Mit jenen, von denen wir uns scheinbar abgrenzen müssen, um als vollwertige Menschen zu gelten:

Solidarität mit den Tieren

„So lange ich denken kann, lag der Ursprung meiner Revolte gegen die Mächtigen immer in meinem Schrecken über das Leid, das den Tieren angetan wird“, schrieb die Kämpferin der Pariser Kommune, Louise Michel. Auch Rosa Luxemburg sah sich in einer Schicksalsgemeinschaft mit den unterdrückten und ausgebeuteten Tieren. Sie schildert in einem ihrer Briefe aus dem Gefängnis, wie ihr die Tränen herabrannen, als sie Zeugin von Gewalt gegen einen Lastbüffel wurde: „wir stehen hier beide so ohnmächtig und stumpf und sind nur eins in Schmerz, in Ohnmacht, in Sehnsucht“.

Heute sehen wir ein krasses Missverhältnis zwischen einer Industrie, welche die Ausbeutung tierlicher Körper auf ein nie gekanntes Niveau perfider Perfektion gehoben hat, und einer Linken, welche die Hauptbetroffenen dieser systematischen Gewalt zu häufig ignoriert.

Es gibt viele gute Gründe, die Tierindustrie politisch zu bekämpfen – die Massenproduktion von Fleisch, Milch und Eiern heizt die Klimakatastrophe an, schädigt Ökosysteme lokal und global und ist für massive Ungerechtigkeiten gegenüber Menschen verantwortlich. Aber darüber hinaus müssen wir die Situation der Tiere wahrnehmen, die diesem System vollständig ausgeliefert sind. 

Ein Herrschaftsverhältnis par excellence

Die moderne Nutzung von Tieren bedeutet die totale Unterwerfung des Lebens unter die Ratio des Kapitals. Einige Schlaglichter am Beispiel der Hühner: Die Zucht von Hochleistungsrassen legt den Tieren quälende körperliche Eigenschaften in die Gene. Anders ist das Wachstum vom 40-Gramm-Küken zum kiloschweren Broiler in vier bis sechs Wochen nun einmal nicht zu haben. Ihr kurzes Leben verbringen sie in hochtechnisierten Hallen ohne Tageslicht zwischen rund 40.000 Leidensgenoss*innen. Ausmisten ist Bauernhofromantik: Gereinigt wird der Stall das erste Mal, nachdem die Tiere zur Schlachtung abgeholt sind, alles andere wäre zu aufwändig. Nach einigen Stunden im Käfig-LKW erreichen die Hühner eine moderne Variante der ältesten Fließband-Fabrik der Welt: den Schlachthof. Ein Fleischkonzern, der auf sich hält, löscht in jeder solchen Anlage mindestens 100.000 Leben aus – am Tag. Was von den konsumierten Körpern übrig bleibt, landet auf der Müllhalde. Geolog*innen sagen, dass die dort gesammelten Hühnerskelette als prägendes Fossil die Erdschicht des Anthropozäns kennzeichnen werden.

Die Details unterscheiden sich, sind in der Milch- und Eierproduktion, in der Schweinemast oder der Pelztierzucht aber nicht weniger grotesk. Und entgegen verbreiteten Vorstellungen sieht es in Biobetrieben – die ohnehin nur einen kleinen Bruchteil der verkauften Tierprodukte erzeugen – in zentralen Hinsichten nicht anders aus. Auch auf jedem tiernutzenden Ökohof werden Tiere mit ihren Interessen und Vorlieben den Bedarfen der Produktion untergeordnet. Wenn wir am Beispiel der Hühner bleiben, so werden sie auch im Bio-Bereich in Gruppen von einigen Hundert bis zu mehreren Tausend Tieren gehalten, wo sie keine feste Sozialstruktur aufbauen können. Die so genannten Legehennen legen aufgrund der Züchtung mehr Eier, als gesundheitlich gut für sie wäre. Kein wirtschaftlich genutztes Huhn bekommt die Gelegenheit, die eigenen Küken aufzuziehen – auch Bio-Hühner werden in Brutschubladen ausgebrütet. Und in welchen Wirtschaftszweig wir auch schauen: Die Tiere werden gewaltsam getötet, in aller Regel schon nach einem Bruchteil ihrer möglichen Lebensdauer.

Das Tier als Prototyp des Anderen

Die Strategie der Entmenschlichung, der Bezeichnung von Menschen als ‚nicht vollwertig‘, als ‚Tier‘ oder ‚Stück Fleisch‘ hat eine lange Tradition in rassistischen, sexistischen und ableistischen Unterdrückungsverhältnissen. Daher das linke Grundprinzip, Menschen niemals ihre einzigartige Würde als Menschen abzusprechen. Die Forschung z.B. zu Rassismus und Sexismus zeigt aber auch Zusammenhänge zwischen der Herabwürdigung von Tieren und der Unterdrückung von Menschen. Auf dem Weg in eine gerechte Gesellschaft gilt es, all diese Unterdrückungsformen hinter uns zu lassen.

Natürlich unterscheiden wir Menschen uns in wichtigen Hinsichten von anderen Tieren. Manche dieser Unterschiede sind auch für linke Kämpfe relevant – zum Beispiel gehört zur Befreiung aus Unterdrückung für Menschen dazu, der eigenen Stimme Geltung zu verschaffen und die eigene Identität und die eigenen Ziele im politischen Diskurs selbst zu definieren, anstatt nur von anderen vertreten zu werden. Diese Fähigkeit haben die Tiere nicht.

Jemand, nicht etwas

Kein Mensch kann aber abstreiten, dass alle fühlenden Lebewesen grundlegende Bedürfnisse teilen. Wer einem Tier gegenüber steht, sieht jemanden, nicht etwas. Jemand anderen, sicher – aber seit wann sähe eine Linke im Anderssein eine Legitimation für Ausbeutung und Unterwerfung? Aus einer Perspektive der Gerechtigkeit ist schlicht nicht begründbar, warum tierliche Grundbedürfnisse den Interessen der Agrarkonzerne oder überhaupt irgendwelchen wirtschaftlichen Logiken untergeordnet werden sollten.

Allein aufgrund ihres Tierseins werden Milliarden fühlender Lebewesen heute ihrer grundlegenden Rechte beraubt. Solidarität und Gerechtigkeit sehen anders aus. Wir lehnen Ausbeutung und systematische Gewalt grundsätzlich ab und stehen konsequenterweise fest an der Seite aller Unterdrückten. In der Befreiung der Tiere und der Emanzipation der Menschen sehen wir ein und denselben Kampf.

Deshalb:
Lasst uns Tiere in unsere Analyse und Kritik stets einbeziehen!
Lasst uns miteinander über das Spektrum unserer Kämpfe hinweg solidarisch sein!
Lasst uns die Ablehnung von Gewalt und Ausbeutung gegenüber fühlenden Lebewesen als gemeinsame politische Praxis leben!
Lasst uns zusammen kämpfen – für eine antikapitalistische Agrarwende, für ein zukunftsfähiges Verhältnis zur Natur, und ganz klar auch: für die Tiere.

Illustration: Alissa Mirea Weidenfeld, Insta-Link

Worüber wir mit Euch diskutieren wollen: Unsere Fragen an unsere Bewegungen

Veganismus wird oft missverstanden als individuelle Lifestyle-Entscheidung hipper Großstädter_innen. Wie können wir Veganismus stattdessen als politische Praxis fassen, die sich effektiv gegen die systematische Gewalt und Ausbeutung fühlender Lebewesen richtet? Als eine Haltung, die menschliche und tierliche Bedürfnisse zusammendenkt – im eigenen Verhalten ebenso wie in der kollektiven Organisierung? Damit einhergehend:

1.
Wie können wir die Auswirkungen für Tiere konkret mit einbeziehen beim Schreiben von Aufrufen und Papieren, wenn es z.B. um Klimakatastrophe, Umweltzerstörung, Ausbeutung oder Gewalt im Kapitalismus geht – um immer sichtbar zu machen, dass nicht nur Menschen zu den Opfern des gegenwärtigen Gesellschaftssystems gehören?

2.
Wie befreien wir uns von einem Denken in den Kategorien der Spezies, in dem das individuelle Tier lediglich als ‚Exemplar‘ herhält? Was verändert sich in unseren Analysen und Aktionen gegen Umweltzerstörung und Artensterben, wenn wir einzelne Tiere als Lebewesen mit eigenen Bedürfnissen und Interessen anerkennen?

3.
Können wir Veganismus als allgemeines Prinzip bei Veranstaltungen etablieren, die wir als linke Bewegungen organisieren – nicht nur bei Camps, sondern auch bei Workshops, Veranstaltungen in Seminarhäusern, Straßenfesten? Als Statement gegen Tierausbeutung und Umweltzerstörung, aber auch aus Rücksicht auf diejenigen von uns, die sich dem Thema wirklich öffnen und für die es schwer erträglich ist, ständig mit der als normal verkauften Gewalt in Form von getöteten und verarbeiteten Tierkörpern konfrontiert zu sein?

4.
Wie können wir für eine Menschenwürde streiten, die sich nicht durch die Abgrenzung von den unterworfenen anderen Tieren definiert?

5.
Wie können wir den veganen Ökolandbau stärken, um zukunftsfähige und weniger gewaltvolle Alternativen zur herrschenden Agrarindustrie zu etablieren?

6.
Was würde sich wohl in unserer Gesellschaftsanalyse tun, wenn in linken Lesekreisen öfter einmal Texte der kritischen Mensch-Tier-Studien gelesen würden (zum Beispiel die soziologischen Grundlagentexte von Birgit Mütherich, die feministische Kritik der Fleischindustrie von Carol J. Adams, die antirassistischen Arbeiten zu Black Veganism von Aph Ko und Syl Ko)?

7.
Wie können wir über die Grenzen von Staaten und linken Strömungen hinweg Solidarität organisieren, wenn Aktive der Tierbefreiungsbewegung wieder einmal mit Repression überzogen werden?

8.
Was hält viele von uns davon ab, die Normalität der allgegenwärtigen Tötung, Zerstückelung und Vernutzung tierlicher Körper zu hinterfragen? Woher kommt die Angst davor, das Leid und das Unrecht der Tierindustrie an sich heran zu lassen? Welche Kraft könnten wir daraus ziehen, wenn wir dieses abwehrende Unbehagen in Wut und Widerstand verwandeln würden?

Wir freuen uns auf eine solidarische Diskussion!

Tobi Rosswog (Bildungskollektiv imago), Tino Pfaff (Umweltaktivist), Stefan Sander (Sozis für Tiere), Saskia Meyer (Ernährungswissenschaftlerin, Aktivistin), Sarah Heiligtag (Hof Narr), Philipp Bruck (Mitglied der Bremischen Bürgerschaft, Bündnis 90/Die Grünen) Peter (aktiv bei Ende Gelände), Melanie Wery-Sims (DIE LINKE), Matthias Schmelzer (Netzwerk Ökonomischer Wandel und Konzeptwerk Neue Ökonomie), Martina Buchmeier Gallegos (Kollektiv Gleiche Brust für Alle), Marlene Fuchs (aktiv bei Ende Gelände), Marie (FAU Dresden), Lina Gröttrup (Queerfeministische Aktivistin in diversen Kollektiven), Jonas Korn (KlimaKollektiv Lüneburg), Jakob Schäuffelen (Videograph, Aktivist, Klimaliste Berlin), India Kandel (Queere und feministische Aktivistin), Hilal Sezgin (Publizistin), Helge Peukert (attac, Uni Siegen), Hannah Engelmann (I.L.A.-Kollektiv), Friedrich Kirsch (Klimagerechtigkeit Kassel), Friederike Schmitz (Gemeinsam gegen die Tierindustrie), Friederike Habermann (Netzwerk Oekonomischer Wandel – NOW), Ferat Kocak (Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses, DIE LINKE), Elvyn Bliss (Ende Gelände), Didem Aydurmus (DIE LINKE), Daniel Hellmann (Künstler und Aktivist, u.a. als Soya the Cow), Carina Tränkner (Wendo-Trainerin), Axel Lüssow (Bündnis 90/Die Grünen), Anne Weiss (Schriftstellerin)

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